Am 27. Dezember 2022 war der Internationale Tag zur Vorbereitung auf Epidemien. Dieser neue Welttag, welcher Anfang Dezember 2020 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde, soll auf die Bedeutung von Präventions-, Sensibilisierungs- und Vorbereitungsmaßnahmen im Kampf gegen Epidemien hinweisen. Die Weltgesundheitsorganisation möchte den Welttag als Anlass zum Austausch von staatlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren nutzen, damit die Weltgemeinschaft besser auf zukünftige Epidemien vorbereitet ist.

Obwohl der Epidemie-Welttag noch neu ist, ist der Gedanke der Seuchenprävention und des transnationalen Austausches über geeignete Mittel zur Vorbereitung recht alt. Während mehrere Cholera- und Typhuswellen in den 1860er- und 1890er-Jahren innerhalb der Bevölkerung Paderborns grassierten, suchte man nach effizienten Lösungen des Trinkwasserschutzes. Die sich neu formierende wissenschaftliche Disziplin der Epidemiologie konnte das verunreinigte Wasser als Ursache für die bakterielle Erkrankung, die zu starkem Durchfall, Erbrechen und lebensbedrohlicher Dehydration führte, nachweisen. Vor dem Hintergrund neuester Forschungsergebnisse versuchte man in der Stadt Paderborn die Trinkwasserqualität zu erhöhen. Das Ergebnis war 1902 der Bau eines Ozonwasserwerks, das als Pionieranlage zur Trinkwasseraufbereitung von europäischer Bedeutung gelten kann. Denn das neuartige Siemensche & Halske Ozonierungsverfahren zur elektrischen Entkeimung des Trinkwassers hob sich von den bisherigen mechanischen Methoden, der Filtration durch Sand, und dem chemischen Verfahren, Sterilisation durch Chlor oder Brom, ab. Um andere Städte von dieser Möglichkeit der Trinkwasseraufbereitung von Oberflächenwasser zu unterrichten, stellte Dr. Gregor Erlwein, Leiter der elektrochemischen Abteilung der Siemens & Halske A.G. Berlin, das Paderborner Ozonwasserwerk auf dem 15. Internationalem Kongress für Hygiene und Demographie 1907 in Berlin vor. Es folgten weitere Vorträge in Brüssel (1910) und Turin (1911) sowie Besuche von Delegationen aus europäischen Hauptstädten wie Paris und St. Petersburg, um sich vom praktischen Erfolg des neuen Verfahrens an der Pader zu überzeugen.

Diese und weitere interessante Fakten zur Wassergeschichte Paderborns werden gerade von Historikern der Universität und der Stadt Paderborn zusammengetragen und fließen in die gemeinsame Bewerbung der Flusslandschaft Pader für das Europäische-Kulturerbe-Siegel ein. Unter dem Motto „Stadt. Mensch. Fluss. Die Pader für Europa“ möchte man die besondere gesamteuropäische Bedeutung der Pader sowohl aus ökologischer als auch aus kultureller Sicht aufzeigen. Erste Ergebnisse einer aufbereiteten digitalen Wassergeschichte finden Sie in der Online-Enzyklopädie www.paderpedia.de. Hierbei können Bürger:innen im Sinne des „citizen-science“-Gedankens auch selbst aktiv werden und eigene kleine Aufsätze oder Bildmaterial über die Ökologie oder Geschichte der Pader hinzufügen. Auch ein Video zur 3D-Rekonstruktion des Paderquellgebietes im Jahr 1920 mit dem Ozonwasserwerk wurde bereits online gestellt.

 

Foto: Fotomontage Paderquellgebiet: Standort des ehemaligen Ozonierungswerkes an der Börnepader, Michael Ströhmer, Archivfoto: Ozonwasserwerk (Stadt- und Kreisarchiv Paderborn). Bildrechte: Stadt- und Kreisarchiv Paderborn