An der Podiumsdiskussion am 10.01.2024 in Wewer nahmen teil Hubertus Beringmeier (Präsident WLV), Michael Schulze Kalthoff (Vorstand Westfleisch SCE mbH), Ingo Müller (Sprecher der Geschäftsführung DMK Group), Friedrich-Otto Ripke (Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft Staatssekretär a.D.). Moderiert wurde sie durch Dr. Thomas Fortsreuter (Hauptgeschäftsführer WLV in Münster).

 

Hohe Produktionsstandards

Regionale Lebensmittel sind ein sehr guter Klimaschutz. Klimafreundlicher, als sie in Deutschland produziert werden, werden nirgendwo anders auf der Welt Lebensmittel produziert. Wir müssen alle aufpassen, dass die Tierhaltung nicht in immer höhere Haltungsstufen gedrängt wird, entgegen dem Marktbedarf, und dass fehlende günstigere Lebensmittel dadurch importiert werden. „Bei Fleisch aus dem Ausland fragt keiner nach den Standards“, so Ripke.

Die Stimmung in der Landwirtschaft ist schlecht. Zwar sei die Motivation für den Beruf hoch und an Nachwuchslandwirten mangele es nicht, doch fehle ihnen allen die Perspektive. Das müsse sich dringend ändern, berichtet Beringmeier.

„Wir müssen mehr Tierwohl in geschlossenen Ställen umsetzen können“, sagt er weiter. Warum? „Wir dürfen nicht am Markt vorbei produzieren!“ Der Markt stelle sich anders dar, als der politische Wille. Wer in höhere Haltungsstufen investiere, ohne einen sicheren Abnahmevertrag, laufe Gefahr, seinen Hof herunterzuwirtschaften. 

Besonders wichtig in der Debatte um die Landwirtschaft in der Politik seien Praktiker mit Sachverstand. Das wäre in allen Bereichen ein großer Gewinn.

Wende man sich ab vom Schwein und schaue auf die Rinderhaltung in Deutschland, stelle sich das Tierwohl bereits anders dar. Schulze- Kalthoff: „In der Milchvieh- und Rinderhaltung gibt es beriets sehr viele Stallungen in Haltungsstufe 3 und das sogar mit landjährigen Verträgen für die Landwirte.“ Die Außenklimahaltung sei in der Rinderhaltung jedoch grundsätzlich viel leichter umzusetzen, als in der Schweinehaltung.

 

Geflügelpest als Gefahr für Freilandgeflügel

In der Geflügelhaltung sei die sofortige Freilandhaltung alles andere als Tierwohl. Tierschutzwidrig nennt der Experte das. „Es wäre fahrlässig und sogar sehr gefährlich für unser Geflügel, heute alle Ställe zu öffnen“, gibt Ripke ein starkes Statement ab. „Die Geflügelpest ist weiterhin ein großes Thema bei uns. Solange wir keinen zugelassenen Impfstoff haben, können wir das Tierwohl nur innerhalb der Stallwände verbessern.“ 

Die Initiative Tierwohl (ITW) sichert der Landwirtschaft einen großen Absatz und ist ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Weltmarkt, das die Branche sich bewahren möchte. Da sind sich die Experten einig. „ITW hat uns gewissermaßen durch die vergangenen schlechten Jahre getragen“, betont Beringmeier.

 

Kleinerer CO2-Fußabdruck als angenommen

Erfreuliche Nachrichten gibt es auch hinsichtlich klimafreundlicher Produktion. Der CO2-Fußabdruck in der Tierhaltung ist besser, als meist angenommen. Im weltweiten Vergleich schneide Deutschland besonders gut ab. Dieses gilt für Fleisch und Milch. Die Schlussfolgerung: Jeder Betrieb, der hier in Deutschland aufgibt und – im übertragenen Sinne – dafür im Ausland weitermacht, ist ein Nachteil für das globale Klima.

Aber was könnte passieren, wenn die Lebensmittel zukünftig nach ihrem C02 Fußabdruck bezahlt werden sollten? Würde eine größere Klimabelastung mit höheren Preisen ausgeglichen?

Die Experten beleuchten den resultierenden Zielkonflikt:

Auf der einen Seite stehe in dem Fall das höherpreisige Lebensmittel wegen eines vergleichsweise größeren Footprint, auf der anderen Seite stehe das Fleisch aus den Haltungsstufen 3, 4 oder aus der Biolandwirtschaft. Dieses ist ebenfalls teurer, weil die aufwendigere Haltung und die geringere Marge bezahlt werden müssen. Schlussendlich würde es dann an günstigen Alternativen fehlen, zumindest in der regionalen Erzeugung.

Wie sich in der Diskussion herausstellt, schneidet „pflanzliches Protein, zum Beispiel das Erbsenprotein, in der Klimabilanz schlechter ab.“ Wenn man die Nährstoffdichte bezogen auf ein Kilogramm Nährstoffe im Vergleich zu tierischem Protein vergleicht, kommt man zu diesem Ergebnis. Grund dafür ist, dass tierisches Protein das hochwertigste Protein ist, welches der menschlichen Ernährung zur Verfügung steht. „Möchte man also eine definierte Menge Protein zu sich nehmen, etwa um den Tagesbedarf zu decken, müsste man so viel Erbsenprotein essen, dass die gesamte Menge den CO2-Fußabdruck einer ausreichenden Menge Fleisch übersteigt,“ rechnet Müller vor.

 

Der Gunststandort Deutschland

„Der Klimawandel holt uns ein“, leitet Beringmeier die Schlussworte in. „Dennoch befinden wir uns in Deutschland insgesamt in einer sehr guten Situation. Die vor- und nachgelagerten Bereiche in der Landwirtschaft, in der Tierhaltung, sind beneidenswert gut aufgestellt.“ Es gebe kurze Wege beispielsweise zwischen Futtermittelunternehmen und Höfen, zwischen Schlachtereien und Betrieben, eine gute Vernetzung in die Vermarktung und vieles mehr. „Auch unsere Perspektiven für die Zukunft sind motivierend.“ Beringmeier erläutert, dass zum Beispiel die erneuerbaren Energien ein aufkommendes und sehr gefragtes Standbein auch für Landwirte sind. Abschließend appelliert er an die Berufsschüler der Gregor-Mendel-Berufsschule, die ebenfalls der Debatte folgten, später selbst Lehrlinge auszubilden. Denn man brauche gute Ausbildungsbetriebe für eine stabile Zukunft der Landwirtschaft in Paderborn. Die Kombination aus Wissenschaft und Ausbildung mache die Landwirte widerstandsfähig.

Als nach der Podiumsdiskussion Roger Voigtländer von der SPD die Resolution des WLV entgegennimmt, betont er, es sei toll, dass die Landwirte so zusammenhalten würden. Sie könnten auch stolz darauf sein, das Land mit hochqualitativen Lebensmitteln zu versorgen und sogar die Überschüsse noch in andere Länder importieren zu können.

Der Podiumsdiskussion lauschten 400 Landwirte aus dem Kreis Paderborn.

 

Von links: Hubertus Beringmeier, Friedrich-Otto Ripke, Ingo Müller, Michael Schulze Kalthoff und Dr. Thomas Forstreuter. Sie führten die Diskussion vor 400 Landwirten.

Quelle: Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband, Regionale Öffentlichkeitsarbeit Ostwestfalen-Lippe