Dauerhafter Mangel an körperlicher Aktivität bei Kindern hat Folgen.

Bewegung ist für Kinder von elementarer Bedeutung. Was wie eine Binsenweisheit klingt, hat während der vergangenen Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Denn während der langen Lockdowns war auch das Sportangebot massiv beeinträchtigt. Die Auswirkungen auf die motorische Leistungsfähigkeit des Corona-Bewegungsmangels wurden jetzt im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Universität Paderborn untersucht. Das Ergebnis lässt aufhorchen.

„Corona hat bei Kindern eine nachhaltige Bewegungslosigkeit verursacht“, so das Fazit aus der Bachelorarbeit von Julian Valland. In seiner Arbeit mit dem Titel „Der Einfluss der durch die Covid-19 Pandemie bedingten Einschränkungen auf die motorische Leistungsfähigkeit von Kindern in der Stadt und im Kreis Paderborn“ hat der Student den Hagedorn-Parcours als Basis für seine Vergleichsstudie gewählt.

Mithilfe des von der Universität Paderborn entwickelten Hagedorn-Parcours – auch Vielseitigkeitsparcours genannt – wird eine Kombination grundlegender motorischer Fähigkeiten erfasst. Im Parcours absolvieren die Kinder eine vorgegebene Bewegungsabfolge (Slalomlauf, Balancieren auf der Bank, Rolle vorwärts etc.). Je schneller der Parcours fehlerfrei gemeistert wird, desto besser ist die motorische Leistungsfähigkeit.

„Der Vergleich der Ergebnisse der Vielseitigkeitssichtung vor und nach der Pandemie zeigt ein deutliches Bild“, sagt Julian Valland. Die Testbedingungen waren jeweils gleich und das Alter der Kinder war ebenfalls vergleichbar.

Der Verein Pro Leistungssport e.V. führt in Paderborn seit 1995 bei allen zweiten Grundschulklassen die Paderborner Vielseitigkeitssichtung mit dem Hagedorn-Parcours durch. Kinder, die nach der Corona-Pandemie teilgenommen haben, waren signifikant langsamer als diejenigen, die den Parcours vor der Pandemie durchlaufen hatten.

Die Einschränkungen zum Schutz der Bevölkerung während der Pandemie hatten damit einen negativen Einfluss auf die motorische Entwicklung der Kinder. Die Untersuchungen des Zusammenhangs zwischen Sportvereinsaktivität und der schnellsten gemessenen Parcours-Zeit konnten zeigen, dass je mehr Stunden ein Kind pro Woche in einem Sportverein sportlich aktiv war, es tendenziell den Hagedorn-Parcours mit einer schnelleren Zeit beendete. Demzufolge ist der Sportverein weiterhin ein wichtiger Faktor für die motorische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Schließungen der Sportinstitutionen während der COVID-19 Pandemie kann daher ein weiterer Grund dafür sein, warum die Kinder, die den Parcours nach der Pandemie durchlaufen haben, signifikant langsamer waren und damit schlechtere motorische Leistungen zeigten.

„Es muss jetzt schnell gehandelt werden, damit den motorischen Defiziten entgegengewirkt wird und diese weder in der weiteren Schullaufbahn noch im späteren Erwachsenendasein zu körperlichen Problemen führen“, ist sich die Gutachterin der Arbeit, Dr. Nicole Satzinger, Leiterin des Bewegungs-, Spiel und Sportlabors der Universität Paderborn, sicher. „Neben der motorischen Förderung der Kinder im Sportunterricht und im organisierten Sport sind Konzepte wie der Walking Bus oder Biking Bus, die Bewegte Schule und das Bewegte Klassenzimmer sehr gute Möglichkeiten, wie die Schulen mehr Bewegung in den Schulalltag der Schülerinnen und Schüler bringen und Lernen und Bewegung miteinander verbinden können. Auch der Schulsport sollte effektiv für die motorische Weiterentwicklung der Kinder genutzt werden.“

Der zweite Gutachter und Vorsitzende des Stadtsportverbandes Paderborn, Mathias Hornberger, hebt die große Bedeutung der 134 Paderborner Sportvereine in der heutigen Zeit heraus: „Die Sportvereine können einen sehr wichtigen Beitrag leisten, um den entstandenen und vorhandenen motorischen Defiziten entgegenzuwirken. Musterbeispiele sind die vielfältigen Kooperationen von zahlreichen Sportvereinen mit den Paderborner Grundschulen. So kümmern sich zum Beispiel die Vereine ‚Pro Leistungssport‘ und ‚Wir bewegen alle Kinder‘ im Kreis Paderborn mit ihren Gruppen um eine breite sportliche Grundlagenausbildung der jungen Schulkinder.“

Der Vorsitzende von Pro Leistungssport, Jürgen Behlke, ergänzt: „Der Abwärtstrend beim sportlichen Engagement der Kinder muss schnellstmöglich gestoppt werden. Dies gilt im Besonderen auch für die Schwimmfähigkeit, wo wir ebenfalls seit Jahren einen Rückgang feststellen.“

Letztlich müssen aber auch die Eltern ihre Kinder unterstützen. Als Vorbilder sollten sie selbst einen sportlich aktiven Lebensstil haben und ihren Kindern die Bedeutung von Sport und Bewegung nahebringen. In jeder Hinsicht sollten sie sich und ihre Kinder dazu motivieren, Sport und Bewegung in den Alltag zu integrieren. Denn nur gemeinsam können Schulen, Sportinstitutionen und Eltern daran arbeiten, um den motorischen Defiziten, die durch die Pandemie aufgekommen sind, entgegenwirken zu können.

 

Bild: Julian Valland (links) und Svenja Toepsch bei der Vielseitigkeitssichtung am Grundschulverbund Bonhoeffer-Heinrich. Foto: Universität Paderborn

Quelle: Heiko Appelbaum – Unternehmenskommunikation